DIE KUH
oder Wie Mutter und Sohn mit dem Erlenkönig sprachen.

Wer reitet auf einer Kuh durch Nacht und Wind?
Es ist die Mutter mit ihrem Kind.
Sie läßt ihr Kind fallen,
hört es dumpf auf die Erde knallen.

"Mein Sohn, wo bist du?"
"Hier bin ich Mutter! Brems die Kuh!"
Die Mutter sieht mit grausen an,
Daß sie die Kuh nicht stoppen kann.
Ihr Sohn hängt schreiend hintendran,
Und fast die Kuh am Schwanze an.
Diese mag das gar nicht haben,
Und wirft die Mutter in den Graben.

"Oh Mutter, Oh Mutti, siehst du nicht dort?
Die Kuh reitet ohne uns fort!"
Sie saßen im Graben, mit Dreck überhäuft.
Die Mutter währe beinahe ersäuft!
Und wie sie da saßen, beide zusamm'
Kam mit schlechtem Gewissen die Kuh wieder an.
Und sie ritten heiter weiter,
Immer weiter, immer weiter.

Da kam der Erlenkönig an,
Und fragte, ob er die Kuh wohl haben kann.
Da sagte der Sohn:"Hör mal zu, du komische Wicht.
Unsere Kuh bekommst du nicht!"

"Ihr dummen Narren!
Ich lasse die Kuh zur Salzsäule erstarren.
Aber sie wird noch nicht sterben.
Und wollt ihr sie mir dann noch nicht geben,
Wird unter euch der Erdboden beben,
Und die Kuh wird zerspringen in tausend Scherben.

Aber die beiden wollten nicht hören.
Sie ließen sich durch den König nicht stören,
Und plötzlich blieb die Kuh einfach stehen
Und war eine Salzsäule, man konnte es sehen.

"Oh Mutti, sieh da bloß nicht hin!
Das ist nichts für Mütterchen!"
"Ich will sie aber sehen, auf jeden Falle!"
Sie sah, und hoch kam ihr die Galle.

"Ich will eure Kuh, ich will sie unbedingt,
Die Kuh, die mit dem Leben ringt."
Der Sohn sagte: "Unsere Kuh, die kriegst du nie.
Eher bohr ich mir ein Loch ins Knie!"

Und es begann zu beben,
Und die Kuh mußte sterben.
Sie rang mit dem Leben
Und zersprang in tausend Scherben.

"HoHo, nun ist sie mein!
Nun gehört sie mir allein.
Nun braucht ihr sie mir nicht mehr zu geben,
Denn soeben
Hat sie verloren ihr Leben."