ambivaLenz










"Ich habe mir allerhand Notizen über einen Freund Goethes, einen unglücklichen Poeten namens Lenz verschafft, der sich gleichzeitig mit Goethe hier aufhielt und halb verrückt wurde. Ich denke, darüber einen Aufsatz in der deutschen Revue erscheinen zu lassen."
(Büchner 1835 in einem Brief an seine Familie)







Nach der mühseligen Wanderung "durchs Gebirg" erreicht der psychotisch erkrankte Schriftsteller Lenz das Dorf Waldbach im vogesischen Steintal. Die herzliche Aufnahme von der Pfarrersfamilie läßt ihn die auf seinem Weg erlebte bedrohliche Enge der Welt, die mit der Dunkelheit, einsetzende Angst, die Empfindung von Einsamkeit und Gejagtsein vergessen.
Die lang ersehnte Ruhe kehrt zurück, doch die Besserung seines Zustandes ist nicht von langer Dauer: das "süße Gefühl unendlichen Wohls" schlägt rasch wieder in Verzweiflung und Selbstmitleid über seine Einsamkeit und sein Leid um. Depressionen und Wahnsinnsanfälle quälen ihn, er versucht mehrmals seinem Leben ein Ende zu setzen.



Oberlin sieht in der Krankheit Lenzens nur die Folgen einer ausschweifenden Lebensart und mahnt Lenz seinen Frieden mit Gott zu machen. Jedoch zerreißt auch dieses letzte Band zur Normalität. Er ist nur noch in kurzen Momenten bei klarem Bewußtsein, eine kalte Hand legt sich ihm auch die Seele und packt erbarmungslos zu.





"Lenz, dich friert an dieser Welt, und du weißt es und dir graut. Gott hat dich zu arm gekleidet mit der staubgebornen Haut, und der Mensch am Menschen leidet."


Die Umsetzung von Büchners Novelle auf die Figurentheaterbühne und die offene Spielweise eröffnen neue, ungeahnte Blicke auf die Innenwelt und die Wahrnehmungsformen des psychotisch kranken Lenz, fokussieren das Zerrissensein, die "ambivaLenz" der Gefühle, die Spaltung des Bewußtseins. So entstehen eindrückliche Metamorphosen, Bilder und Bildsequenzen. Mensch und Puppe oder nur Mensch, nur Puppe - Grenzen fangen an sich zu vermischen, der Wahnsinn wird Figur.






Spiel:

Antje Töpfer, Vanessa Valk, Oliver Köhler

Regie:

Stephanie Rinke (Theater PARADOX)

Musik:

Slawek Wojciechowski

Technik:

Matthias Jungermann

Ein Inszenierungsprojekt des Studiengangs Figurentheater an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Stuttgart

ambivalenz gewann den 1. Platz beim Theaterpreis der Stuttgarter Zeitung 2002.

Spieltermine