Der Schweinehirt

Im Winter 2001 inszenierte die Junge Oper Stuttgart das Märchen "Der Schweinehirt" von Andersen als Musiktheater für Kinder. Man suchte einen Erzähler und fand mich. So bekam ich eine tolle Rolle, konnte viele gute Erfahrungen sammeln und hatte Spaß daran in einer großen Produktion in einer für das Stück recht wichtigen Rolle zu arbeiten.
Näheres zum Stück nun in einem Artikel von Bettina Milz, der Dramaturgin der Jungen Oper Stuttgart, in der damaligen Opernjournalausgabe Nov/Dez 2001:





"Die erste Produktion der Jungen Oper in dieser Spielzeit ist Gerhard Schedls Der Schweinehirt nach dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen. Das Werk wurde nach der Uraufführung 1981 beim Wettbewerb für Kinderopern in Dresden mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Mit einer eigenwilligen kleinen Orchesterbesetzung aus Cello, Gitarre, Flöte und Saxophon erzählt Schedl Andersens Märchen vom Prinzen mit dem »ganz kleinen Königreich«, das aber »immer groß genug war, um sich darauf zu verheiraten, und verheiraten wollte er sich.«



Der kecke Prinz sucht sich keine Geringere als die Tochter des Kaisers aus. Wenn er auch nicht reich ist, so verfügt er doch über ein ganz besonderes Erbe: Er besitzt einen Rosenstrauch auf dem Grabe seines Vaters, der nur alle fünf Jahre blüht und dessen Duft »so süß war, daß man alle seine Sorgen und seinen Kummer vergaß, wenn man daran roch«. Und er hat eine Nachtigall, »die konnte singen, als ob alle schönen Melodien in ihrer Kehle säßen«. Diese schenkt er der Prinzessin. Doch die verwöhnte kleine Auserwählte hat keinen Sinn für die Schönheit der Natur. Sie will künstliche, vom Menschen gestaltete Erfindungen. Der Prinz gibt nicht so schnell auf, verkleidet sich und findet als Schweinehirt Anstellung am Hofe des Kaisers. Kaum in seiner ärmlichen Kammer beim Schweinekoben angekommen, erfindet er raffinierte und märchenhafte Musikmaschinen. Er weckt die Neugierde der Prinzessin und stellt sie auf die Probe: Nur gegen zehn Küsse will er ihr das Spielzeug geben. Sie küßt ihn, obwohl es ihr lieber wäre, ihre Hofdamen könnten dies für sie erledigen.

Das erste Spielwerk ist ein klingender Topf, der verrät, was auf allen Feuerstellen der Stadt zubereitet wird. Gesagt, getan, geküßt, getauscht wird er zum Zeitvertreib für die französisch parlierende Prinzessin und ihre Hofdamen. Der zweite Beweis für des Prinzen Erfindungsgabe ist eine »Knarre«, die alle Tänze der Welt erklingen läßt. Und diese will er nur gegen hundert Küsse hergeben. Auch auf diesen Tauschhandel läßt die Prinzessin sich schließlich ein, doch beim sechsundachtzigsten Kuß erwischt sie der Kaiser und verbannt sie samt dem prinzlichen Schweinehirten aus seinem Reich. Und dann? »Nun, wir wollen hören...«






Für Andersens eigentümliche Begabung, mit wenigen, scheinbar leicht hingeworfenen Zügen Märchen zu erzählen und kleine Welten zu bauen, die Kinder wie Erwachsene in ihren Bann ziehen, findet Schedl eine faszinierende musikalische Form. Er sagte einmal über seine Musik, in der Tradition und Traditionsbruch, Vorgefundenes und Erfundenes in »einer Art Ungehorsam aus Liebe zur Musik« nebeneinander stehen: »Ich bekenne mich zur Lust am expressiven Klang, zur gesteigerten Dramatik, aber auch zur durchdachten Konstruktion, zum Experiment mit Zahlen, Intervallen, Symbolen, Techniken und zum plakativen Reiz emotionaler Darstellungsformen. Das zarte Lauschen in der Stille, das unbändige Aufschreien, der resignative Abgesang, die großen, wilden, pathetischen Gesten, die Schönheit des durchdachten Details... all das ist mir nicht fremd: es treibt mich an und zwingt mich, am weiten Material zeitgenössischer Ausdrucksmittel mich immer wieder neu zu versuchen.«



Im Ensemble dieser Produktion der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart arbeiten junge Profis als Solisten, im Orchester und im Leitungsteam zusammen mit einem Chor von Schülerinnen im Alter zwischen 15 und 21 Jahren. Die Musikalische Leitung und die Chorleitung hat der junge Stuttgarter Dirigent Frank Oidtmann, Regie führt Andrea Schwalbach, die Bühne und die Kostüme gestaltet Nanette Zimmermann.

Erstmals gab es zur Vorbereitung und bei der Suche nach einer Ästhetik für den Umgang mit dem Märchenstoff ein Kostümatelier mit Kindern im Alter von 5 und 6 Jahren und Mitarbeitern der Kostümwerkstätten, der Rüstmeisterei und des Kunstgewerbes. Mitten im riesigen Malersaal, auf einer Papierfläche von fast 100 m2, zwischen Bühnenprospekten, Malutensilien und Farbtöpfen haben sich Kinder mit dem Märchen auseinandergesetzt und ihre Phantasien dazu gemeinsam mit den Erwachsenen in eine Form gebracht. Die Regisseurin Andrea Schwalbach hat die Geschichte gelesen, die Kinder haben sich Figuren ausgewählt, diese gezeichnet und gemeinsam mit der Ausstatterin Nanette Zimmermann und den Mitarbeitern der Werkstätten umgesetzt. Mit Papier, Farbe, Klebeband und Stoffen, zwischen Detailverliebtheit und großem Wurf entstanden Prinzessinnen, Hofdamen, Kaiser, Prinzen und Schweinehirten, tanzten durch den Malersaal und marschierten dann hinaus in die Stadt. Ohne diese Entwürfe »eins zu eins« umzusetzen, hat uns der kindliche Mut zur großen Geste und die Art der Abstraktion fasziniert und die Arbeit inspiriert. Filigran und plakativ, wie die zahlreichen Scherenschnitte, die Andersen zu seinen Märchen angefertigt hat, stellt die kindliche Phantasie jeden Versuch im Umgang mit dem Märchenstoff auf die Probe. Premiere ist am 24. November im Kammertheater." Bettina Milz

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