Figurentheater und Oper, eine Symbiose die funktioniert. Die beschnittenen, abstrakten und bildhaften Mittel des Figurentheaters ergänzen sich glänzend zu der abstrakten Welt des Musiktheaters, die sich vom Schauspiel grundlegend unterscheidet. Wenn es möglich ist mehr als eine halbe Stunde "Ich sterbe" zu singen und dabei noch in den letzten Atemzügen ein herzzerreißendes Solo zu schmettern und dabei die Realität zu verzerren, dann ist es ebenso möglich mit bildnerischen und darstellerischen Mitteln des Figurentheaters andere Welten zu öffnen.
Diese Kooperation zwischen den Künsten betreibt die Staatsoper Stuttgart nicht bahnbrechend aber bewußt.
In der Produktion "Turandot" von Giacomo Puccini treten Anfang des zweiten Aktes die 3 Minister Ping, Pang und Pong auf. Parallel dazu sieht man in einem mit Gaze bespannten Würfel die Ebenbilder der Sänger als lebensechte Puppen, die entgegen den Handlungen und Erzählungen auf der Bühne vor ihnen andere Tätigkeiten mit Genuß betreiben, die offensichtlich zunächst keinen Zusammenhang mit der "wirklichen" Welt haben.
Dieses Wechselspiel zwischen Erzählung, Handlung der Sänger und anderer Handlung der Puppen wirkt höchst vergnüglich.
Die Minister "Ping, Pang, Pong" im Treppenhaus vor ihrem Auftritt. |
Bei einer anderen Oper, "Die Walküre" von Richard Wagner, die zweite Oper in dem jetzt schon legendärem Ringzyklus der Stuttgarter Staatsoper, erscheinen gegen Ende des zweiten Aktes Marionetten. Wotan, Hunding, Siegmund und Brünhilde. Die Puppen der Helden sind lebensgroß, Siegmund aus einem Drahtgeflecht und Hunding mit Filzdecken umwickelt, entworfen von Arne Bustorff, die Götter jedoch überlebensgroß mit 2,60m in gelb-gold schimmerndem Polyester.
Und die Helden kämpfen wütend gegeneinander, immerhin geht es um eine Frau, die Götter heben beschützend ihre Arme.
Die wirklichen Opernsänger sehen diese Szene wie in einem Orakel vor sich und erst nachdem die Puppen auf der Bühne den Kampf vollendet haben sticht Hunding den Siegmund nieder, darauf wird Hunding von Wotan erledigt.
Die Kampfszene im Fenster mit übergroßen Marionetten. |
Matthias Jungermann spielt in "Turandot" den dicken Minister Pong und in "Die Walküre" den Siegmund.
In der Jungen Oper Stuttgart, einer Unterabteilung der Staatsoper Stuttgart, kümmert man sich besonders um Berufseinsteiger, Studenten und Schulprojekte. Figuren sind oftmals mehr als nur Beiwerk. So war vor Jahren in "Der gestiefelte Kater" die Hauptfigur des Märchens in offener Spielweise ein aus Gegenständen und Kleidung zusammengesetzter Kater. In "Der Schweinehirt" wirkte ein Figurenspieler als Erzähler mit, konnte vom Puppenspielen nicht lassen um Eindruck bei der schönen Prinzessin zu machen, Don Pedros Puppenspiel ist gar eine reine Puppenoper. Man wird sehen was die Zusammenarbeit der Jungen Oper mit Figurenspielern an weiteren faszinierenden Theaterprojekten hervortut...